2008 wurde von den Musikräten mehrerer Bundesländer Deutschlands die Initiative „Instrument des Jahres“ ins Leben gerufen. In jedem Kalenderjahr soll ein Instrument im besonderen Focus stehen – vornehmlich Instrumente, die mehr Beachtung verdienen und bei denen es sich schwierig gestaltet, Nachwuchs zu finden.
Nun, wenn man die Liste der vergangenen Jahre ansieht: Geige, Saxophon, Cello, sogar Gitarre, fragt man sich, welches Instrument überhaupt noch attraktiv für junge Menschen ist. Bleiben da nur Schlagzeug oder „Computer-Bastelboxen“ wie z. B. GarageBand übrig?
Dennoch: Die Orgel, das Instrument des Jahres 2021, droht tatsächlich in Vergessenheit zu geraten. Das klingt hier, an dieser Stelle und von einer Kirchenmusikerin geschrieben etwas befremdlich. Besuchen doch Sie, liebe Leserinnen und Leser, vermutlich regelmäßig Gottesdienste und ist Ihnen damit auch der Orgelklang vertraut. Es gibt jedoch große Nachwuchsprobleme für das Studium der Kirchenmusik, zudem droht sehr vielen Orgeln deutschlandweit ein leises Sterben, da es einfach nicht genügend Menschen gibt, die den Klang der Orgel schätzen oder sich für den Erhalt von Orgeln einsetzen, besonders finanziell. Aber auch die Kirchen, in denen Orgeln zumeist zu finden sind, werden vielerorts nicht mehr genutzt und sterben gemeinsam mit den Orgeln.
Dabei sind die Geschichte des Orgelbaues und die der Verwendung von Orgeln genauso spannend und vielgliedrig wie das Instrument selbst – sowohl in der Bauweise als auch in ihrer Klangvielfalt.
Schließlich wurden Orgelbau und die Orgelmusik 2017 in die repräsentative UNESCO-Liste des Immateriellen Kulturerbes der Menschheit aufgenommen.
So, wie wir die Orgel heute kennen, als Begleitinstrument im christlichen Kontext im Gottesdienst und auch in Konzerten als Soloinstrument, tut sie „erst“ seit etwa dreihundert Jahren ihren Dienst. Dabei wurde die Orgel, das „Werkzeug“ oder „Instrument“, bereits 246 v. Chr. in Ägypten erfunden. Die Aufgrund ihrer komplizierten und feinen Mechanik und der vielfältigen Klangmöglichkeiten als Königin der Instrumente bezeichnete Orgel war – im 9. Jahrhundert in Europa angekommen – das Instrument der Könige. Sie galt als Statussymbol und wurde anfänglich für Krönungszeremonien eingesetzt. Später, in der katholischen Messe, wurden zunächst Teile der Liturgie durch Orgelmusik ersetzt. Aus diesem Grunde gibt es eine Vielzahl an Orgelmessen früher Komponisten. Im Frühbarock prä-und postludierten die Organisten und hatten offensichtlich manchmal so viel Spaß daran, dass auch schon mal Rügen vom Klerus ausgesprochen und die Organisten zu mehr Andacht und Ruhe im Orgelspiel gemahnt wurden. Bis lange nach Einführung der Orgel in der Messe sang man die Choräle a capella; erst im Laufe des 18. Jh. wurde es üblich, dass auch hier die Orgel den Ton angab.
Bis zur Erfindung der Elektrizität, und damit der Entwicklung von Motoren, waren immer Bälgetreter vonnöten, bei sehr großen Orgeln sogar bis zu fünf „starke Männer“.
Nun, an dieser Stelle möchte ich die Interessierten dazu ermuntern, selbst zu recherchieren – eine ausführlichere Behandlung dieses Themas ist sehr spannend, aber auch nahezu uferlos!
Auf dem Gebiet der EKBO gibt es anlässlich des Orgeljahres, genau seit dem ersten Januar, eine Art Staffelstab, der von Kirchenkreis zu Kirchenkreis weitergereicht wird. An jedem Tag des Jahres findet mindestens eine Veranstaltung zum Thema Orgel statt. Dieses „Orgelband“ erreicht den Kirchenkreis Falkensee am 28. September. Von da an können hier bis zum 9. Oktober täglich Konzerte, Führungen, sogar Fahrradtouren, für Erwachsene und auch Kinder, besucht werden, die sich mit der Orgel befassen.
Leider gibt es im Kirchenkreis tatsächlich keine wirkliche Konzertorgel, eher nur kleine Dorfkirchenorgeln mit nur einem Manual und wenigen Registern. Das hängt damit zusammen, dass es auch keine großen Kirchen gibt; denn ein Orgelbauer passt seine Orgel in der Regel in Bauweise und Größe dem Kirchenraum an. Mindestens zwei Manuale sind jedoch für das Spiel eines großen Teils der Orgelliteratur nötig.
Immerhin stammen zwei Orgeln, die Schönwalder Wagner-Orgel und die Rohrbecker Lütkemüller-Orgel, von recht berühmten Orgelbauern. In Bredow steht eine Orgel des bedeutenden Orgelbauers Carl August Buchholz, die allerdings stark beschädigt und momentan nicht spielbar ist. Sie soll in den nächsten Jahren rekonstruiert und wieder aufgebaut werden. Die Finkenkruger Orgel hat seit Mai dieses Jahres ein drittes, digitales Manual. Das ist eine Besonderheit und den technischen Möglichkeiten unserer Zeit zu verdanken. Auf diesem dritten Manual können nahezu unzählige Klänge gesampelt und mit den traditionellen „echten“ Orgelklängen vermischt werden. Diese Ergänzung ist zugegebenermaßen ein bisschen Trickserei und eines gelernten Orgelbauers unwürdig, dennoch bietet sie eine faszinierende Erweiterung der Spielmöglichkeiten.
Zu den Veranstaltungen des Orgelbandes in der EKBO können Sie sich gern im Internet informieren:
Leider konnte in den ersten Monaten des Jahres kaum eine analoge Veranstaltung stattfinden. Momentan wächst die Hoffnung, dass wir uns in Präsenz in Kirchen zu Konzerten und Führungen treffen dürfen.
Für den Kirchenkreis Falkensee sind die Einträge unvollständig, da die konkrete Planung noch nicht abgeschlossen ist. Jedoch können an dieser Stelle bereits Termine, Orte und „Arbeitstitel“ genannt werden:
Di 28. 09. 10 Uhr Schönwalde Orgelgeschichten für Kinder (mit Anmeldung)
Mi 29. 09. 19 Uhr Kartzow Orgel und Bläser
Do 30.09. 19 Uhr Rohrbeck Pipes and Grooves
Fr 01.10. Brieselang n. n.
Fr 01. 10. 19 Uhr Groß-Glienicke Orgel und Film
Sa 02. 10. 10-14 Uhr F’see Seegefeld Tanz mit der Königin (Orgelschnuppertag)
So 03. 10. 10-15 Uhr Sprengel Fahrland Orgelradtour
So 03. 10. 17 Uhr Schönwalde Jack Day
Mo 04. 10. 19 Uhr Finkenkrug Orgel und Gospel
Di 05. 10. 16 Uhr F’see Seegefeld Orgelgeschichten für Kinder (mit Anmeldung)
Mi 06. 10. Brieselang n. n.
Do 07. 10. 19 Uhr Schönwalde Dialog mit der kleinen Königin
Fr 08. 10. 19 Uhr F’see Heilig-Geist Orgel, Flügel, Trommeln
Sa 09. 10. 9:37-15 Uhr Kirchenkreis Orgelradtour mit allen Kirchenmusiker*innen des Kirchenkreises!
Wenn Sie Fragen zu den einzelnen Veranstaltungen haben, erkundigen Sie sich bitte entweder bei den für die jeweiligen Gemeinden zuständigen Kirchenmusiker*innen oder unter folgender E-Mail-Adresse: therese.haertel(at)gemeinsam.ekbo.de
Am 12. September gibt es zudem noch den Tag der Orgel im Jahr der Orgel. Auch an diesem Tag sind bereits einige Veranstaltungen geplant, so Konzerte in Groß-Glienicke und Seegefeld und eine Orgelführung in Dallgow.
Viele Freude beim Stöbern in der Terminliste und vor allem beim Besuch der einen oder anderen Orgel-Veranstaltung!
Therese Härtel