Seit Juni 2014 ist die Autobahnkirche Zeestow, die erste Autobahnkirche am Berliner Ring „am Netz“. Wie kam es dazu?
Im Kirchenkreis Falkensee, am westlichen Stadtrand Berlins, waren seit der Wiedervereinigung fast alle Kirchen saniert und renoviert worden, bis auf eine. Es handelte sich um die Kirchenruine in Zeestow westlich von Brieselang. Seit den 80er Jahren des 20. Jahrhunderts wurde die Kirche nicht mehr genutzt und seit vielen Jahren durch den Kirchenkreis verwaltet. Alle Ideen, die es gab, die Kirche zu retten, waren immer wieder verworfen worden.
Im Jahre 2009 hatte der Kirchenkreis Falkensee immerhin eine Notsicherung durchgeführt mit der Absicht, die Zeestower Kirche wiederaufzubauen und sie künftig als Autobahnkirche zu nutzen. Diese Nutzung lag buchstäblich nahe, da Dorf und Kirche nur ca. 800 m von der A 10 (westlicher Berliner Ring) entfernt sind und es am Berliner Ring noch keine Autobahnkirche gab.
Für eine Nutzung der Zeestower Kirche als Autobahnkirche sprach auch, dass es in unmittelbarer Nachbarschaft zur Kirche ein Freizeitheim des Kirchenkreises gibt, das mit seinem riesigen Freigelände für Kinder- und Jugendfreizeiten, aber auch für Familienfeiern zur Verfügung steht. Hier könnten Synergieeffekte entstehen, indem die sanierte Kirche bei Freizeiten und Feiern künftig auch als Andachtsraum mitgenutzt werden könnte. Umgekehrt könnte das Freizeitheim Besuchern der Autobahnkirche Sanitäranlagen und Gästezimmer bieten.
Ein Nutzungskonzept und ein Sanierungskonzept für das Projekt „Autobahnkirche Zeestow“ lagen vor. Außerdem war eine Energieversorgung mit alternativen Energien vorgesehen und geplant, den Innenraum der Kirche künstlerisch neu zu gestalten, worüber mit dem damaligen Leiter des Kirchlichen Bauamtes, Herrn Dipl.-Ing. Matthias Hoffmann-Tauschwitz und dem damaligen Kunstbeauftragten der Landeskirche, Herr Pfarrer Christhard Neubert, intensive Gespräche stattfanden. Diese führten dazu, dass die 1988 entstandene Gemäldeserie „Die Berufenen“ des namhaften Berliner Künstlers Volker Stelzmann vom Kirchenkreis erworben und in der Kirche dauerhaft aufgehängt werden konnten. Die zwölf großformatigen Bilder zeigen die Apostel Jesu als Menschen auf dem Weg in zeitgenössischer Gewandung. Durch sog. QR-Codes haben die Besucher die Möglichkeit, Informationen zu den Bildern und zum Künstler direkt aus dem Internet abzurufen und sich so auch bei Fortsetzung der Fahrt weiter mit den Kunstwerken zu beschäftigen.
Das Projekt (Gesamtkosten ca. 1,2 Mio Euro) wurde finanziert durch die Europäische Union (ILE-Programm), die Bundesrepublik Deutschland (Sonderbauprogramm III), das Land Brandenburg (Staats-Kirchen-Vertrag), die Landeskirche, den Kirchenkreis Falkensee und die Kirchengemeinde Zeestow. Weitere Fördermittel kamen von der Stiftung KIBA, dem Förderkreis Alte Kirchen, der Mittelbrandenburgischen Sparkasse und vom neugegründeten Förderverein Autobahnkirche Zeestow e. V.
Seit 2020 ist die Zeestower Kirche auch Radwegekirche. So gibt es auch für Radfahrende neben einer E-Bike-Tankstelle einen Ort, um eine Rast zu machen und zur Einkehr. In der Widmungsansprache klärt Herr Martin Eiselt vom Kirchenkreis Falkensee zu Motivation und Konzept auf. -> Lesen Sie hier die Ansprache https:/kirchenkreis-falkensee.de/allgemein/autobahnkirche-zeestow-ist-nun-auch-noch-radwegekirche-zeestow
Inzwischen ist auch die Sanierung des alten Fachwerk-Stallgebäudes zur Nutzung als Sanitärtrakt für die Autobahn- und Radwegekirche, gefördert mit EU-Mitteln, abgeschlossen.
Bis 1945 war Zeestow eine eigene Pfarre gewesen. Nach dem Krieg kamen viele Flüchtlinge nach Zeestow, die hier einquartiert wurden. Davon profitierte auch die Kirchengemeinde, die nach dem Krieg mit Brieselang zu einem Pfarrsprengel vereinigt worden war. Bis in die 70er Jahre des 20. Jhds. wurde die Kirche für gottesdienstliche Feiern genutzt. Doch schon beim Amtsantritt von Pfarrerin Lilli Busse im Jahre 1985 wurden die Gottesdienste im Kirchlichen „Rüstzeitheim“, dem ehemaligen Pfarrhaus durchgeführt. Mit dem „Aussterben“ der Flüchtlingsfamilien kam das kirchliche Leben nach und nach zum Erliegen. Die Idee der Nutzung als Autobahnkirche wurde schon früher entwickelt, sie wurde aber erst seit 2008 energisch verfolgt. Heute gehören zur Kirchengemeinde Zeestow ca. 120 Gemeindeglieder, von denen aber nur etwa ein Drittel im alten Dorf Zeestow lebt, die übrigen wohnen jenseits der Autobahn. Seit 2019 hat die Kirchengemeinde Zeestow wieder einen Gemeindekirchenrat.
Zum Rüst- und Freizeitheim „Bei den Aposteln“. Das bis zum Ende des Krieges als Pfarrhaus fungierende Gebäude wurde seit den 60er Jahren als „Rüstzeitheim“ für Kinder- und Jugendfreizeiten genutzt. Bis zur Wiedervereinigung wurde die Einrichtung von den Kirchenkreisen Falkensee und Nauen gemeinsam betrieben, danach nur noch vom Kirchenkreis Falkensee. Bis 2015 wurde das Haus für Kinder- und Jugendfreizeiten, GKR-Klausuren, Familienfeiern etc. gern genutzt. Von Oktober 2015 bis Mai 2016 waren im Haus Flüchtlinge untergebracht. Sie wurden von den Johannitern und von der Willkommensinitiative „Zeestows gute Geister“ betreut. Die äußerst weiträumigen Außenanlagen machen das Objekt attraktiv und entwicklungsfähig. Die Kreissynode des Kirchenkreises Falkensee hat im März 2016 einer Sanierung und Modernisierung des Hauses zugestimmt. Diese wurde 2017/18 durchgeführt. Die Kosten wurden überwiegend vom Kirchenkreis Falkensee getragen, aber auch die Kirchengemeinde Zeestow hat sich beteiligt. Am 6.5.2018 wurde das Haus von Bischof Dr. Markus Dröge wiedereröffnet.