Ernst Althausen – ein mutiger Pfarrer in Dallgow. Ein Beitrag von Dr. Christoph Janssen

Ernst Althausen – Jude-Christ-Deutscher

Am 15.03. 2008 berichtete die Märkische Allgemeine, dass Dallgow-Döbiertz während der NS-Zeit, als eine der ersten Gemeinden Deutschlands, die Judenverfolgung selbst in die Hand genommen hat. Noch vor der Verabschiedung der Nürnberger Rassengesetzte am 15. September 1935, veröffentlichte das Dallgower Amtsblatt fünf Punkte, in denen das gesellschaftliche Zusammenleben im Ort neu geregelt wurde. Offiziell aus dem Gemeindeleben ausgeschlossen wurden darin: die Dallgower Juden.

Pfarrer Ernst Althausen

Einer der Betroffenen war der evangelische Pfarrer i. R. Ernst Althausen. Zu diesem Zeitpunkt kann er bereits auf ein bewegtes Leben zurückblicken. Am 13.03. 1862 als Sohn eines russisch-jüdischen Militärarztes deutscher Herkunft in Kutuseki (Kaukasus) geboren, stand seine Kindheit und Jugend ganz unter dem Eindruck lebhafter religiöser Auseinandersetzungen. Sein jüdischer Vater war früh zum Christentum übergetreten, während seine Mutter noch lange am jüdischen Glauben festhielt. Für ihn selbst war die christliche Religion die Heilsbotschaft und so war es nur folgerichtig, dass er Theologie studierte, um dann ab 1888 als Pfarrer in Wolhynien zu arbeiten. Wolhynien in der nordwestlichen Ukraine gelegen, gehörte damals zu Russland und war eines der bevorzugten Siedlungsgebiete deutscher Einwanderer. Nach zwanzigjähriger pfarramtlicher Tätigkeit in Wolhynien übersiedelte er mit seiner Famile1908 nach Deutschland.

In Deutschland engagierte er sich, neben seiner Arbeit als Pfarrer, im Fürsorge-Verein für deutsche Rückwanderer aus Wolhynien und anderen Teilen Russlands. Mitter der zwanziger Jahre kaufte er sich  ein Siedlungshaus in Dallgow, mit der Absicht, dort später seinen Ruhestand zu verleben. Doch es sollte anders kommen. Als er 1934 endgültig nach Dallgow zog, hatten die Nationalsozialisten die Macht übernommen und an Ruhestand war nicht zu denken. Seine wichtigste Aufgabe war jetzt die Betreuung der jüdisch-christlichen Gemeinden in Berlin. Noch als fast Achtzigjähriger versuchte er verfolgten Judenchristen zu helfen und ließ sich auch nicht durch öffentliche Angriffe einschüchtern. So berichtete die berüchtigte SS-Wochenzeitung »Das schwarze Korps« im April 1941 unter der Überschrift „Synagoge mit Christentünche“: „Am 25 August 1940 wurde in Berlin eine Anzahl Hebräer durch die heilige Taufe dem Schoß der Christenheit einverleibt. Der Betreuer dieser neugebackenen, sündenfreien und makellosen Christenmenschen war der Pfarrer Ernst Althausen …, wohnhaft in Dallgow-Döberitz. Und weiter heißt es im hetzerischen Ton: „Denn diese Leuchte der Kirche ist selbst nur ein getarnter Talmudjünger, ist selbst ein Hebräer“. Trotz der Drohungen ließ sich Pfarrer Ernst Althausen nicht von der Betreuung seiner Leidensgenossen abbringen.

Goldene Hochzeit des Ehepaars Althausen 1938

Später wurde Althausen wegen einer von ihm vollzogenen Taufe eines dreizehnjährigen jüdischen Jungen denunziert und zum Konsistorium (Kirchenverwaltung) einbestellt. Dort erhielt er keinerlei Unterstützung. Das erbärmliche Verhalten des Konsistoriums kommt in einer erhaltenen Randnotiz zum Ausdruck. Dort heißt es: „Wie die Dinge liegen, kann doch wohl am besten abgewartet werden, ob nicht das Abschieben der Juden die ganze Frage für uns gegenstandslos macht.“ Im März 1942 erhielt Ernst Althausen endgültig Redeverbot. Wie durch ein Wunder überlebte er die Verfolgung und starb nach dem Krieg am 22.03. 1946 in Dallgow-Döberitz.

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