Pfarrerin Gundula Zachow feiert Abschied in Groß Glienicke und wechselt nach Ketzin / Havel
Nach zehn Jahren im Amt verlässt Gundula Zachow als Pfarrerin die Gemeinde Groß Glienicke und wechselt an die Evangelische Kirchengemeinde St. Petri in Ketzin. Mit der spätmittelalterlichen Kirche St. Petri im Zentrum wird sie auf einer Vollzeitstelle insgesamt neun Kirchen im Umkreis des Ortes betreuen.
Eine Begegnung bei ihrem Abschied in der Kirche Groß Glienicke.
„Mit fünfzig habe ich noch so viele Arbeitsjahre vor mir, da mag ich mich gern noch einmal neuen Aufgaben stellen. Als ich vor 10 Jahren nach Groß Glienicke kam, habe ich die Teilzeit-Predigtstelle in Groß Glienicke bewusst übernommen.
Inzwischen sind zwei ihrer vier Kinder bereits erwachsen. „Jetzt ist es Zeit für 100 Prozent.“
Im Abschiedsgottesdienst in Groß Glienicke kommt Pfarrerin Zachow auf die Dinge zu sprechen, die ihr im Pfarramt der Gemeinde wichtig waren – nicht zuletzt eine Aufgabe, die sie als zentral im Pfarrberuf ansieht: „Ich möchte der Gemeinde noch einmal die Kraft der Seelsorge aneinander ans Herz legen. Sorgt Euch umeinander!“
In Groß Glienicke, das noch bis 2003 zwischen einem ehemaligen Westberliner und einem Brandenburger Abschnitt geteilt war, hat Gundula Zachow die Notwendigkeit eines solchen Schwerpunkts früh gespürt. So hat sie manches Gemeindeglied von den stark steigenden Immobilienpreisen des Ortes vor den Toren der Landeshauptstadt Potsdam belastet gesehen. „Einige liebe Menschen mussten am Ende wegziehen.“
Dennoch hat die wechselvolle Geschichte des Ortes für Gundula Zachow auch viel Gestaltungsmöglichkeiten geboten. Gerne erinnert sie sich zurück an das „Ufersingen“, mit welchem in ihrer Amtszeit eine Tradition begründet wurde: „Am Samstag vor dem Ersten Advent singen wir über den See, also auf beiden Seiten. Das ist für mich auch nach mehreren Malen noch sehr bewegend. Es ist nicht lediglich eine Veranstaltung, bei der wir Erinnerung anmahnen – daran, wo die Grenze und wie es früher war und was wir gewonnen haben an Freiheit. Es ist zugleich auch immer eine stimmungsvolle Handlung im Hier und Jetzt.“
Das Interesse am „Ufersingen“ gehe über die Kirchengemeinde hinaus. Vielleicht wegen der besonderen Stimmung – aber auch, weil das Bewusstsein in Groß Glienicke für seine wechselvolle Geschichte auch jenseits kirchlicher Kreise sehr lebendig ist. Das wiederum zeigt sich aber in den Augen von Gundula Zachow auch in der Dorfkirche. Sie wurde in ihrer Amtszeit stark restauriert. „Die Kirche erzählt ja noch eine ganz andere und viel ältere Geschichte als die deutsche Teilung.“
Die Kirche sei „einladend saniert“, es wurde „ganz viel hineingesteckt“. Denn es sei wirklich eine „Kirche im Ort, mit der sich viele Menschen identifizieren.“

Die kämen zwar nicht jeden Sonntag in den Gottesdienst. „Aber wenn sie kommen, manchmal auch von weit hergereist, dann sagen sie: Hier bin ich getauft, hier bin ich konfirmiert, hier habe ich geheiratet. Da ist so eine starke Bindung. Das finde ich sehr besonders in Groß Glienicke.“
Das habe man vor Ort auch nutzen können: als Engagement für die Kirche als Gebäude, aber etwa auch für die Organisation von Veranstaltungen, neuen Formaten und Kooperationen.
„Eine Kooperation hat sich ergeben in Form der AG ‚Filme und ihre Zeit‘ des Groß Glienicker Kreises. Da haben wir unsere Kirche geöffnet zur Filmvorführung aus den großen filmgeschichtlichen Epochen von Babelsberg – als Schauspieler, Regisseure, Drehbuchautoren in Groß Glienicke gewohnt haben oder hier ein Wochenendhaus hatten. Zu den Veranstaltungen gehörten die insbesondere von Holger Fahrland sehr gut organisierten und kompetent moderierten Gesprächsrunden. Auch die Buchvorstellung unseres ehemaligen Ortsvorstehers Winfried Sträter hatte die bewegte Geschichte zum Thema und fand ihren passenden Ort in der Kirche. Die Filme, die das geduldige Publikum hier zuletzt sah, waren sogar aus einer ganz frühen Zeit der Filmgeschichte – Stummfilme – und wurden von unserer Kantorin Susanne Schaak auf der Orgel begleitet. Ich bin sehr dankbar für diese Zusammenarbeit.“
Auch der Stellenwert, den die Konfirmation in Groß Glienicke besitzt, sei auf bestimmte Gegebenheiten vor Ort zurückzuführen, sagt Gundula Zachow.
Daran sehe man nicht nur, dass es in Groß Glienicke viele Familien gebe, sagt Gundula Zachow – „also dass jedes Jahr Kinder da sind, die sich zum Konfirmationsunterricht anmelden.“ Man sehe vielmehr auch noch einmal das Zugehörigkeitsgefühl zu diesem Ort. „Die Ortsbindung ist sehr stark bei sämtlichen Generationen, und eben auch bei den Jugendlichen. Wenn die dann in die siebte Klasse kommen, müssen sie auf verschiedene Schulen nach Potsdam fahren. Und dann freuen sie sich, wenn sie sich einmal in der Woche wieder an ihrem Heimatort treffen. Im Gegensatz zu ihrem Schulweg ist der Konfi-Unterricht dann für sie fußläufig erreichbar, oder sie kommen mit dem Fahrrad. Es ist wichtig, dass sie hier ihren Ort haben inmitten unserer Kirchengemeinde. Gleiches gilt übrigens auch für die Konfirmierten. Auch die Junge Gemeinde braucht ihren Ort in der Gemeinde und ihre Ansprechpartner. Da ist in letzter Zeit einiges eingeschlafen, aber es ist auf einem guten Weg, wiederbelebt zu werden.“
In den Konfirmationsunterricht konnte Gundula Zachow nicht zuletzt anstoßen, dass die Konfirmanden statt Prüfung am Ende ihrer Konfizeit einen eigenen Gottesdienst gestalten – und dass sie das erste Abendmahl zusammen mit ihrer Familie und den Paten feiern können. Aus der Not entstanden, hat sie in der Corona-Zeit einen Outdoor-Abendmahlsgottesdienst am Vorabend der Konfirmation eingeführt und dabei ist es geblieben. Dieser Gottesdienst gehört nun fest dazu.
Auch anderes hat Gundula Zachow beim Abendmahl verändert: „Abendmahl-Gottesdienst war sonst immer nur zu den hohen Festtagen. Jetzt haben wir immer am ersten Sonntag im Monat Abendmahlsgottesdienst – und die Gemeinde ist gewohnt, dass sie regelmäßig am Tisch des Herrn zusammenkommt. Und seit zwei Jahren etwa dürfen auch die KonfirmandInnen per Beschluss des Gemeindekirchenrats bereits das Abendmahl empfangen, damit sie ihre Zugehörigkeit spüren und das nicht erst am Ende der Konfizeit.“
Das Fördern des Zusammenkommens wird für Pfarrerin Zachow nach ihrem Amtsantritt in Ketzin eine ganz andere Art der Herausforderung als in Groß Glienicke sein. Räumlich weit auseinanderliegende Gemeinden müssten personell und inhaltlich vernetzt werden: „Dass man nicht nur in allen kleinen Orten regelmäßig Gottesdienste vor wenigen hält, sondern da präsent ist, wo Menschen zusammen kommen und Begegnung fördert, wo auch die Menschen einbezogen sind, die sonst nicht unbedingt in den Gottesdienst kommen würden. Da bringe ich gute Erfahrungen mit – auch in der Zusammenarbeit mit meinen Kladower Kollegen. Aber auch auf die Erfahrungen, die aufgrund dieser Situation im Kirchenkreis Nauen-Rathenow seit Jahren bereits bestehen, wird sie dankbar zurückgreifen.
„Eher in diese Richtung werden die Ideen gehen, die ich jetzt mit Anderen gemeinsam entwickeln muss: wie man die Orte lebendiger machen kann. Dass Menschen sich treffen.“
Die Amtseinführung von Pfrn. Gundula Zachow in Ketzin / Havel wird am 14. Dezember um 10 Uhr in der Kirche St. Petri Ketzin stattfinden.